Weder Player noch Payer?

Autor*in: Ralf Südhoff
Datum: 26. September 2024

Was die neue Strategie und ein radikal gekürztes Budget für die Zukunft der deutschen humanitären Hilfe bedeuten

Am Ende war sie wirklich fertig. Deutschland, der bislang zweitgrößte Geber für humanitäre Hilfe weltweit, hat seine lang ersehnte neue humanitäre Strategie am heutigen 26. September 2024 präsentiert, nachdem seine alte Strategie bereits 2023 ausgelaufen war. Schon diese Verspätung weckte Neugier und stand am Ende auch für eine wichtige Neuausrichtung der deutschen humanitären Hilfe. Aber der Reihe nach.

Deutschlands humanitäre Politik ist von überragender Bedeutung in wegweisenden Zeiten für eine humanitäre Hilfe, die einerseits für eine Rekordzahl von Menschen in Not unter immensen Risiken in den Krisen und Kriegen der Welt das Größtmögliche leistet: Millionenfach Leben und Existenzen retten. Und doch andererseits selbst in der Krise steckt: Wert und Werte der humanitären Hilfe werden hinterfragt, sie ist so unterfinanziert wie nie, ihre internationale Maschinerie schafft es nicht Helfende und Betroffene vor Ort einzubinden, sie scheitert seit Jahren daran noch wirksamer, lokaler, koordinierter zu werden.

Das zu ändern, wird wenigen Akteuren so sehr zugetraut wie der deutschen Bundesregierung, seitdem diese sich in den letzten zehn Jahren von einem humanitären Zwerg zu einem führenden und respektierten humanitären Geber aufgeschwungen hat. Ihre neue humanitäre Strategie und künftige Priorisierung ist daher von zentraler Bedeutung nicht nur für ihre deutschen und internationalen Partner, sondern auch für die humanitäre Hilfe der Zukunft insgesamt. Was steht also drin in dem fast 40-seitigen Papier? Und teils fast noch wichtiger: Was steht nicht drin, und sei es, weil es auf den letzten Metern lieber gestrichen wurde? 

Die neue humanitäre deutsche Strategie benennt drei Leitmotive:

  • In humanitären Krisen prinzipienbasiertes Handeln ermöglichen
  • Die Transformation des humanitären Systems hin zu mehr Effizienz und Effektivität gestalten
  • Schlüsselkomponenten für effiziente und effektive humanitäre Hilfe stärken

Jede dieser Leitlinien wird in Ziele untergliedert, die in ihrem Rahmen verfolgt werden sollen: Prinzipienbasiertes Handeln soll durch „Humanitäre Diplomatie“ und “Humanitären Schutz“ gefördert werden; Transformation u.a. durch einen Fokus auf Themen wie Gender, Innovation, Lokalisierung und eine enge Verzahnung mit Entwicklungszusammenarbeit und Friedensarbeit (Nexus). Effizienz und Effektivität sollen durch Koordination, „geteilte Verantwortung“, Flexibilität und „Rechenschaft“ erhöht werden, mit einer starken Betonung in der gesamten Strategie auf „Effizienz“.

Wirkungslogik – Maßnahmen und Aktivitäten; Quelle: Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland, September 2024

Diese Ziele werden in ihren einzelnen Kapiteln teils ausführlich, teils knapp kontextualisiert, sodass die Strategie viele zentrale Herausforderungen der humanitären Hilfe zutreffend beschreibt. Damit knüpft sie nahtlos an die alte Strategie von 2019 an, der alle Expert*innen bescheinigten, eine gute Analyse des Status quo der humanitären Hilfe abzubilden – aber genau dabei stehen geblieben zu sein. Dies spiegelte sich nach 2019 auch in der internationalen Wahrnehmung der deutschen humanitären Hilfe wider: Kaum ein relevanter Geber wurde einerseits – zumindest bis zum Beginn des Gaza-Konflikt – als so prinzipienorientiert, so unpolitisch, so werteorientiert den humanitären Prinzipien verpflichtet und engagiert wahrgenommen wie die deutsche humanitäre Hilfe. CHA-Analysen bestätigen zudem, dass sich diese Wahrnehmung auch finanziell handfest materialisiert und Deutschland fast durchweg dort am meisten humanitäre Hilfe leistet, wo die Not am größten ist (siehe Grafik). Deutschland war damit in den letzten Jahren nahe am role model eines prinzipienorientierten Payers. Aber leider auch das Modell eines underperforming Players.

Bedarf und Finanzierung – Länderanteil an den weltweiten humanitären Hilfsbedarfen und Anteil an den Ausgaben Deutschlands in %;  Quellen: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2018-2021; FTS OCHA 2023; Global Humanitarian Overview 2021

Was und wie Deutschland dringend benötigte Reformen der humanitären Hilfe strategisch voranbringen will, blieb nicht nur internationalen Partnern in den letzten zehn Jahren oftmals unklar. Rühmliche Ausnahme war just etwas, was gar kein Schwerpunkt der letzten Strategie des AA war: Die vorausschauende humanitäre Hilfe. Diese hat Berlin in den letzten Jahren viel beachtet auf die internationale Agenda gesetzt, mit personellen und finanziellen Ressourcen (mind. 5% des humanitären Budgets) unterfüttert und konsequent vorangetrieben. Doch darüber hinaus kamen auch internationale Experten und Partner Deutschlands immer wieder zurück auf die Frage: Was sind Deutschlands Ziele und Positionen in all den Reform- und mittlerweile Existenzfragen, welche die humanitäre Community spätestens seit dem World Humanitarian Summit 2016 ebenso wiederkehrend wie weitgehend wirkungslos diskutiert?

Umso spannender stellte sich nun die Frage: Was hat das Auswärtige Amt aus der alten, weitgehend wirkungslosen Strategie gelernt?

Ursprünglich sehr viel: Bereits vor rund einem Jahr schien die neue humanitäre Strategie des AA schon auf der Zielgeraden, ihre Veröffentlichung sollte noch 2023 erfolgen. Ihre Basis sollte eine fundierte Evaluierung der alten Strategie sein, zugleich sollten für eine künftige Strategie mögliche Ziele und ihre Messbarkeit durch Indikatoren entwickelt werden. Die damals zuständigen Mitarbeitenden auf Arbeitsebene des AA erkannten an, dass man sich in der alten Strategie mit unzähligen Themen und Arbeitsfeldern, welche Deutschland so nicht bespielen kann, verzettelt hatte. Denn anders als traditionelle Topgeber (USA, UK, ECHO) hat das AA weder in Berlin noch in den Botschaften das Personal, um alle relevanten humanitären Themen zu bearbeiten. Allein die Europäische Kommission hat rund 450 hoch geschätzte humanitäre Expert*innen, welche in den Krisenherden und Hubs weltweit vor Ort sind. Deutschland hat auch nach eigener Aussage in den Botschaften keinen einzigen Mitarbeitenden, der humanitäre Hilfe wenn überhaupt nicht nur nebenbei bearbeitet. Und auch die aktuelle politische Leitung des Hauses betont immer wieder, dass sich hieran nichts ändern werde.

Dieser Realitätscheck zur Strategie kam auf der Arbeitsebene an: vier, maximal fünf Schwerpunktthemen nahmen sich die humanitären Referate 2023 vor als klare, echte Prioritäten für die nächsten Jahre zu definieren. Das Vorbild war künftig nicht der Ansatz anderer Topgeber, alle Themen zu bespielen (und damit ständig „behind the curve“ zu sein, wie eine ehemalige Führungskraft es beschrieb), sondern statt auf Breite auf Tiefe in wenigen Themen zu setzen. So wie es profilierte mittelgroße Geber wie die Schweiz, Schweden oder Norwegen vormachen.

Diese vor einem Jahr diskutierten Schwerpunktthemen finden sich teils in der finalen Strategie durchaus wieder. Der Schönheitsfehler: Sie stehen neben rund einem Dutzend weiterer „Schwerpunkte“, die in der Summe auch alle Hausinteressen bedienen sollen. Und konkrete Zielvorgaben, Erfolgsindikatoren oder Strategien, wie diese erreicht werden sollen, sind weitgehend Fehlanzeige.

Aber es gibt interessante Ausnahmen: So ist beispielsweise das Kapitel zur Lokalisierung das konkreteste der gesamten Strategie. Es benennt zwar keineswegs alle Ziele, die sich insbesondere lokale Akteure wünschen würden, handelt das Thema „Beteiligung der betroffenen Bevölkerung“ in wenigen Zeilen ab und setzt weiter vor allem auf intermediäre statt lokale Organisationen. Doch zugleich macht es in vielen Details und auf dem aktuellen Stand der internationalen Debatte transparent, wie die im Grand Bargain und im IASC vereinbarten Ziele konsequenter nachgehalten werden sollen, als es Geber, INGOs und UN-Organisationen bislang durchweg tun. Auch in den Bereichen Gender und Flexibilität der Hilfe oder multilaterales Engagement hat das Auswärtige Amt bereits viel erreicht oder unterstreicht konkrete Ambitionen, dito mit Blick auf eine Stärkung der Humanitären Diplomatie oder der humanitären Rolle seiner Botschaften. 

Doch die genannten Beispiele verdeutlichen auch die Crux der vielen Ziele und vermeintlichen Schwerpunkte: Beispiel Botschaften stärken – woher kommt das Personal und sein Gehalt, wenn schon die humanitären Referate in Berlin völlig unterbesetzt sind?  Beispiel Mammutaufgabe Humanitäre Diplomatie – woher kommen Personal oder schlicht das bislang inexistente Reisebudget für eine hoch geschätzte neue Sonderbeauftragte für Humanitäre Diplomatie, welche dies aber als Abteilungsleiterin bislang wie ein Ehrenamt nebenbei machen muss? Ganz zu schweigen von den notwendigen politischen Ressourcen im Umgang mit außenpolitischen Zielkonflikten gegenüber politisch heiklen Partnern wie Israel, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten? 

Denn auch in der Prioritätensetzung geht es keineswegs nur um das Dauerthema Geld, sondern auch um politisches Kapital. Beispiel: Die als weiterer Schwerpunkt benannte bessere Verzahnung von humanitärer Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensarbeit – wahrscheinlich eine der komplexesten internationalen Herausforderungen überhaupt. Und gerade in Deutschland eine uralte Forderung mit Blick auf die Konkurrenz von BMZ und AA, denen die „Spending Review“ des Finanzministeriums bereits 2018 die Leviten gelesen und sie aufgefordert hatte, wenigstens Arbeitsgruppen (GAAPs) zu schaffen, um sich zu informieren, was das andere Haus in welchen Ländern denn plant. Sechs Jahre später findet sich in der nun vorliegenden Strategie u.a. der Vorsatz wieder, eine „Ausweitung“ dieser Austausch-Prozesse auf weitere Länder sei „geplant“. Überdies hofft man weiterhin ein Pilotprojekt für einen gemeinsamen Fund für Projekte in der Tschadseeregion verwirklichen zu können.  

Die konzeptionelle Stoßrichtung der Strategie ist dabei zweifellos relevant und sicher weitgehend konsensual. Das Problem ist: In strategischen Prozessen steht Konsens häufig für Beliebigkeit und dafür, dass eine per se schmerzhafte Priorisierung lieber ausbleibt. Zumal, wenn sie interne und externe Machtfragen aufwerfen würde.   

Dennoch stehen viele richtige Ziele in der Strategie, die nahezu alle humanitären Akteur*innen unterschreiben können. Über die neue Einleitung der Strategie lässt sich das dagegen nicht sagen. Nicht zufällig wurde kaum ein Teil der von den humanitären Referaten schon abgeschlossenen Strategie im Freigabeprozess noch so intensiv umgeschrieben. Auch die stark veränderten Akzente zur alten Strategie sind hier am deutlichsten.

So heißt es noch in der alten Leitlinie im allerersten Absatz, die deutsche humanitäre Hilfe diene „ausschließlich der Erreichung humanitärer Zielsetzungen“ und sei „Ausdruck unserer ethischen Verantwortung und Solidarität mit Menschen in Not“. Die humanitären Prinzipien und eine rein an der größten Not der Menschen orientierten Vergabe der Mittel verteidigten die humanitären Referate im AA in jenen Jahren so konsequent oder für manchen Kritiker so „ideologisch“, dass sie schon als „Taliban im Amt“ verschrien waren.  

Auch die Einleitung der neuen Strategie sah hier in ihrem Entwurf ein rein humanitäres Mandat vor und war auf einer Seite so knapp und unpolitisch formuliert, dass sich selbst manch Humanitäre aus der Zivilgesellschaft wunderten. Offenbar im Lichte der jüngsten Kontroversen um Sinn und Finanzierung der deutschen humanitären Hilfe kam es hier auf den letzten Metern des Strategiemarathons noch zu einem grundlegend neuen Ton. Gleich die allererste Überschrift der neuen Strategie lautet: „Humanitäre Hilfe ist Teil der Integrierten Sicherheit“.  

Überdies ziehen sich nun multiple neue Referenzen zu Sicherheitspolitik und „Nationaler Sicherheitsstrategie“ durch das Dokument, und schon im ersten Absatz des Dokuments heißt es jetzt:

„Wo Menschen das Lebensnotwendigste fehlt, wo Nahrung fehlt, entsteht sozialer Sprengstoff; Terrorgruppen, bewaffnete Milizen erhalten Zulauf, der Zusammenbruch der Ordnung kann ganze Regionen in den betroffenen Ländern destabilisieren. Alle humanitären Krisen haben das Potential, sich in unserer vernetzten Welt global auszuwirken. Häufig sind deutsche Sicherheitsinteressen davon direkt berührt.“

Nur zweckdienliche Sicherheitssemantik mit Blick auf interessens- statt wertegeleitete Koalitionspartner?

Während das Dokument insbesondere hinter den stark editierten ersten Seiten vielfach auch humanitäre Werte und Prinzipien betont, nähren weitere Veränderungen den Verdacht, dass es hier um mehr geht als ein paar kosmetische Zugeständnisse an Skeptiker der humanitären Hilfe: So fällt auf, dass der ursprünglich ausdrückliche Verzicht auf regionale Prioritäten – der einer Orientierung an der größten Not sehr zuwiderlaufen kann – gestrichen wurde, und sich ja auch bereits mit einem Rückzug deutscher humanitärer Hilfe aus Lateinamerika andeutet.  

Hier setzt sich offenbar eine Fraktion im AA zunehmend durch, welche schon lange dafür plädiert, nicht per se die größte Not zu lindern, sondern dort Notleidende zu unterstützen, wo es zugleich außenpolitischen Zielen am meisten dient. Bestätigt wurde dieser Ansatz bei der Veröffentlichung der Strategie in aller Offenheit durch Staatssekretärin Baumann: „Das Budget schrumpft, während die humanitären Bedarfe steigen (…) Wir müssen also Prioritäten setzen (…) Das bedeutet, dass wir uns auf Krisen konzentrieren müssen, die Auswirkungen auf Europa haben.“

In dieser Logik wird aus der aktuellen, auch internationalen Priorisierungsdebatte eine heikle Politisierungsdebatte.

Der Schritt zum neuen FDP Narrativ, humanitäre Hilfe zu kürzen und schlicht nur noch in befreundeten Staaten in der Allianz gegen Russland zu leisten, ist dann nicht mehr weit. Erst recht, wenn die Mittel zugleich wie geplant radikal sinken.

Auch deshalb lautet die eigentliche Gretchenfrage: Was bleibt von einer Strategie, deren Ressourcen kurz vor ihrem Abschluss halbiert wurden?

Der vom Kabinett beschlossene Haushaltsplan sieht eine Kürzung der deutschen humanitären Hilfe um 53 % auf nur noch gut 1 Mrd. € vor. Damit steuert das humanitäre Budget auf ein 10-Jahres-Tief zu und der hoch gelobte Geber Berlin würde sich nicht nur hinter Topgebern, sondern Stand heute auch Ländern wie Norwegen, Japan oder Saudi-Arabien einreihen. Rund die Hälfte der nur noch verbliebenen Milliarde für 2025 ist zudem bereits durch mehrjährige Zusagen verplant. Die verbleibenden Mittel dürften vor allem außenpolitisch relevanten Großkrisen wie Ukraine und Gaza und aus migrationspolitischen Gründen syrischen Flüchtlingen in Nahost zukommen. So stellt sich schon jetzt die Frage, wieviel Mittel dann überhaupt noch für alle weiteren Krisen in Asien und Afrika bleiben – und was eine Strategie wert ist, die hierzu nur normativ feststellt: „Für uns gibt es keine vergessenen Krisen.“

„Wenn das Budget so bleibt, ist die Strategie weitgehend irrelevant“, ist daher eine Einschätzung nicht ketzerischer Kritiker, sondern von manch Humanitärem aus dem AA selbst. Dessen Leitung hat derweil in der neuen Strategie bereits den Anspruch konsequent gestrichen, ein „führender Geber“ humanitärer Hilfe zu sein, der sich im Entwurf noch an zahlreichen Stellen fand. 

Warum aber fallen strategischer Anspruch und budgetäre Wirklichkeit des AA plötzlich so radikal auseinander?

Zurecht kritisieren humanitäre Akteure Kanzleramt und Finanzministerium dafür, erneut BMZ und vor allem dem AA weit überproportionale Kürzungen für den Haushalt 2025 abverlangt zu haben, dem AA allein weitere gut 17 % seines Gesamtbudgets. Doch zur Wahrheit gehört auch: Damit allein lässt sich eine historisch einmalige, unverhältnismäßige Kürzung allein des AA-Titels für humanitäre Hilfe um 53 % nicht erklären.

Sicher: Flexible Projektmittel wie für die humanitäre Hilfe müssen stets bei Budgetkürzungen mehr leiden als Fixkosten wie Personal. Aber fast dreimal mehr als überhaupt gekürzt werden muss? Das gab es noch nie. Und ist nicht allein mit einem bösen Finanzminister, der Inflation oder steigenden Kosten für Cybersicherheit erklärbar. Beispielsweise hatte das AA schon im Jahr 2021 ein nur etwas höheres Gesamtbudget als jetzt vorgesehen – und dennoch war es dem Ministerium möglich, mehr als doppelt so viel humanitäre Hilfe bereitzustellen (2,14 Mrd.€) als in 2025 geplant.  

Ähnlich liest sich die nahende budgetäre Gesamtbilanz der Ampel: Diese hat 2021 ein humanitäres Budget von 2,57 Mrd € übernommen und im Koalitionsvertrag versprochen es weiter zu erhöhen. Nun plant dieselbe Regierung, die humanitäre Hilfe binnen ihrer Amtszeit um fast zwei Drittel zu kürzen. Und kaum eine neue Bundesregierung wird viel Geld in die Hand nehmen, um ausgerechnet diesen historischen Fehler der Ampel zu korrigieren. Dies wirft die Frage auf: Wie wichtig ist dem Auswärtigen Amt also die eigene Strategie und die humanitäre Hilfe?

Die neue Strategie war mit hohen Erwartungen verknüpft, international wie national. Es ging darum, ob Deutschland den nächsten Schritt geht und die Lücke zwischen einem führenden Payer und einem underperfoming Player, der doch dringend benötigt würde nun schließt.  

Das ist weiterhin möglich, doch dafür bräuchte es zweierlei: Das AA müsste quasi nachträglich in der Umsetzung der Strategie eine klare thematische Priorisierung vornehmen. Und die Bundesregierung müsste nachträglich eine klare finanzielle Priorisierung des humanitären Budgets beschließen. Zur Not erneut am letzten Tag dieses einmaligen Budgetprozesses 2025, in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am 14. November.

Andernfalls könnte das grün geführte Außenministerium einmal dafürstehen, besagte Lücke zwischen dem großen humanitären Payer und dem kleinen Player Deutschland auf sehr eigenwillige Art überwunden zu haben: Kein Player und kein Payer mehr. 

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Ralf Südhoff ist Direktor des Centre for Humanitarian Action (CHA).

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