Hunger als Waffe: gemeinsames Webinar von Welthungerhilfe und CHA2020-06-23T16:21:30+02:00

Hunger als Waffe: gemeinsames Webinar von Welthungerhilfe und CHA

Der systematische Einsatz von Hunger wird in bewaffneten Konflikten zunehmend als Methode der Kriegsführung eingesetzt. Taktiken des Aushungerns richten sich nicht nur gegen die Zivilbevölkerung, sondern betreffen auch humanitäre Helfer*innen, denen oftmals der Zugang zu Menschen in Not verwehrt wird. Erst vor kurzem hat es relevante Entwicklungen bezüglich des völkerrechtlichen Rahmens gegeben. Vor allem Deutschland – als weltweit zweitgrößter Geber humanitärer Hilfe und mit seiner derzeitigen Vertretung im UN-Sicherheitsrat, dem UN-Menschenrechtsrat und seiner bevorstehenden Präsidentschaft im EU-Rat – kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu.

Das Centre for Humanitarian Action (CHA) und die Welthungerhilfe haben am 19. Juni 2020 zu einem gemeinsamen Webinar zu diesem Thema eingeladen: ‚Starvation crimes – Hunger as a weapon in conflict‘. Ziel der Veranstaltung war es, die operationellen Auswirkungen von Taktiken des Aushungerns für Hilfsorganisationen zu beleuchten, den neuen Rechtsrahmen zu diskutieren und die Rolle Deutschlands als Fürsprecher auszuleuchten. Etwa 70 Personen nahmen an der Online-Veranstaltung teil.

Eingangs stellte Catriona Murdoch von Global Rights Compliance den völkerrechtlichen Rahmen vor. Laut ihr lassen Resolution 2417 des UN-Sicherheitsrates (2018) und die vor kurzem verabschiedete Ergänzung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (2019) auf ein neues Momentum für eine Stärkung des internationalen Rechtsrahmens hoffen. UN-Resolution 2417 verurteilt den Einsatz von Hunger als Kriegswaffe und die absichtliche Blockierung des Zugangs für humanitäre Hilfsorganisationen verurteilt. Die Ergänzung des Römischen Statuts erlaubt von nun an die Verfolgung des Aushungerns als Kriegsverbrechen.

Mit 1,3 Millionen Menschen sind in Mali heute von schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen. Ute Kollies, UN-OCHA Mali Direktorin, bemängelte den einseitigen Fokus auf Versicherheitlichungs- und Terrorismusthemen in Mali und der Sahelregion seitens von EU-Gebern. Ihr Plädoyer: Der Fokus müsse auf Ernährungsunsicherheit und den fehlenden Zugang zu Grundsicherung gelenkt werden, auf die Ursachen der malischen Krise.  

Bucay Deng, Landesdirektorin der Welthungerhilfe im Länderbüro Südsudan, veranschaulichte am Beispiel der aktuellen Konfliktsituation im Südsudan, dass humanitäre Hilfe keine politischen Probleme löst. Wichtig sei allerdings, internationales Recht zu forcieren und einzufordern. Rechenschaftspflicht sei hier von höchster Bedeutung.

Grundlage des Webinars war der im März von der Welthungerhilfe und terre des hommes veröffentlichte Kompass 2020. Der jährlich erscheinende Bericht wirft einen kritischen Blick auf die deutsche Entwicklungspolitik. Neben der kritischen Auswertung der deutschen Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit (ODA-Daten) war Themenschwerpunkt in diesem Jahr Hunger als Kriegswaffe.

Panelist*innen waren:

  • Catriona Murdoch, Partnerin, Global Rights Compliance
  • Ute Kollies, Direktorin, UN OCHA Mali
  • Bucay Deng, Stellvertretende Direktorin, Welthungerhilfe-Länderbüro Südsudan

Moderation:

  • Michael Kühn, Senior Policy Officer, Welthungerhilfe
  • Dr. Andrea Steinke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, CHA

Das Webinar wurde aufgezeichnet. Bei Interesse an der Aufnahme, wenden Sie sich bitte an Lisa Hücking, Expert Agriculture and Nutrition Policy bei der Welthungerhilfe.

Der Kompass 2020 steht hier zum Download bereit.

Eine englische Kurzfassung eines Teilberichts des Kompass 2020 zum Themenschwerpunkt ‚Starvation‘ wird in Kürze veröffentlicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der CHA-Webpage.

Als Follow-up zum Webinar werden das Centre for Humanitarian Action (CHA) und die Welthungerhilfe im Herbst 2020 das Thema ‚Starvation crimes‘ mit Vertreter*innen europäischer Geberländer diskutieren. Weitere Information folgen in Kürze auf der CHA-Webpage.

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