Autor*in: | Damian Lilly, Mark Bowden |
Datum: | 19.12.2024 |
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Paper (EN)
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Höchste Zeit für eine bessere Regulierung
Humanitäre Organisationen haben die Aufgabe, Leben zu retten, und nicht, Gewinne zu erzielen. Dennoch weist das humanitäre System Merkmale einer Marktwirtschaft auf.
Im milliardenschweren humanitären Sektor müssen Hilfsorganisationen ihr Einkommen aufrechterhalten (oder erhöhen) und gleichzeitig ihren humanitären Auftrag erfüllen.
In einer Zeit, in der die humanitären Bedarfe sprunghaft ansteigen, schrumpft dieser Markt für humanitäre Hilfe jedoch, da die wichtigsten Geber ihre Mittel kürzen. Im Jahr 2023 verzeichneten die von den Vereinten Nationen koordinierten Spendenaufrufe den stärksten Rückgang ihrer Zuwendungen in der Geschichte. Der Global Humanitarian Overview (GHO) 2025 wurde im Dezember 2024 mit einem Preisschild von 47,4 Mrd. USD und dem reduzierten Ziel veröffentlicht, 189,5 Millionen Menschen mit humanitärer Hilfe zu erreichen – 60 Millionen weniger als 2023 (OCHA, 2024). Mehrere große UN-Organisationen und NGOs sahen sich mit großen Haushaltsdefiziten konfrontiert, die sie dazu veranlassten, Programme zu kürzen und Mitarbeiter zu entlassen, wobei die Betroffenen ihnen Missmanagement vorwarfen. Diese schwierige Zeit sollte eine Gelegenheit für dringend benötigte Reformen im humanitären System sein, aber die Hilfsorganisationen sind ebenso sehr von Selbsterhaltungstrieb getrieben wie von der Notwendigkeit, ihre Hilfe für die von Krisen betroffene Menschen zu verbessern.
In diesem Papier wird dargelegt, dass das humanitäre System in dem Maße, in dem es als Markt funktioniert, dysfunktional ist, da die wirtschaftlichen Anreize zum Nachteil einer effektiven und effizienten Bereitstellung humanitärer Hilfe verzerrt sind. Es ist viel darüber gesprochen worden, dass das humanitäre System gescheitert und reformbedürftig ist. Zahlreiche Initiativen wurden ins Leben gerufen, um einen Wandel herbeizuführen, aber nur wenige haben zu nennenswerten Ergebnissen geführt. In diesem Papier wird die Auffassung vertreten, dass es nur dann zu Fortschritten bei der Reform des humanitären Systems kommen kann, wenn die wirtschaftlichen Anreize beachtet werden, die das System prägen. Der Markt der humanitären Hilfe ist weitgehend unreguliert. Und obwohl der Gedanke an Regulierung vielen humanitären Helfern ein Gräuel sein mag, gibt es gute Gründe für bessere Regulierungsmaßnahmen, die sowohl die positiven Aspekte der internen Marktkräfte im humanitären System nutzen als auch gleichzeitig die Kontrolle und Rechenschaftspflicht verbessern. In einer Zeit, in der der Markt für humanitäre Hilfe schrumpft, haben wir die Chance, das System umzubauen und zweckmäßiger zu gestalten, damit es den wachsenden Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerungsgruppen Rechnung trägt.